Einwände seitens der Kaskoversicherung oder der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners bezüglich der Umstände beim Abschleppen verunfallter Fahrzeuge gibt es nur zu häufig. Dass insbesondere der Geschädigte keinen Einfluss darauf hat, welche kostenbringenden Maßnahmen das Abschleppunternehmen einsetzt, hindert die Versicherer auch nicht an Kostensparversuchungen.
Der mangelnde Einfluss auf die Abschleppumstände ist so legitim, wie der mangelnde Einfluss auf die Reparaturmaßnahmen im Detail. Für das sogenannte „Hakenrisiko“ gelten dieselben Grundsätze wie für das „Werkstattrisiko“. Nach Ansicht des AG Freiburg könne dem Geschädigten keine besondere Kenntnis über die Art des geeigneten Abschleppfahrzeugs und dessen Einordnung in die Erhebungskriterien abverlangt werden (Urteil vom 20.06.2023, Az. 3 C 1333/22). Hierunter fällt auch der vor dem AG Pforzheim verhandelte Fall: Nach Ansicht des Arbeitsgerichts reicht wegen der Entwicklung der Kraftfahrzeugbeschaffenheit und des zunehmenden Gewichts normaler Pkw die Zuladung der früher oft verwendeten 7,5-t-Fahrzeuge nicht mehr aus, sodass sie nur noch wenige Abschleppunternehmer vorhalten. Zudem wird dem Abschleppunternehmer bei dessen Beauftragung praktisch nie das aktuelle Gewicht des Unfallfahrzeugs mitgeteilt. Folglich muss der Abschleppunternehmer nicht riskieren, mit einem ungeeigneten Fahrzeug anzurücken (Urteil vom 21.06.2023, Az. 8 C 741/22).
Die Entwicklung des Fahrens ohne Verbrenner birgt ebenfalls kostenträchtige Anpassungsanforderungen mit sich. So stellen unter Umständen in der Fahrzeugbranche neuartige Stoffe und Materialien (Stichwort: Lithium in Batterien) gemäß internationalen Vorschriften nun „Gefahrgut“ dar. Was diese Umstände sind, regelt die ADR und Firmen, die die Professionalität zeigen, sich diesen, im Namen des Schutzes von Leib und Seele, anzupassen, rechnen entsprechende Mehrkosten selbstverständlich mit der regulierungspflichtigen Versicherung ab.
In Fällen, in denen die Kaskoversicherung die Zahlung aller Maßnahmen außer des alleinigen Abschleppens des verunfallten Fahrzeugs, wie z.B. Kosten für Ölbindemittel und das Einsammeln und Entsorgen von Fahrzeugkleinteilen, trotz Formulierungen wie „Kosten für das Abschleppen vom Schadenort“ in der Versicherungsklausel verweigert, sieht das LG Landshut die Versicherung als zahlungspflichtig. (Urteil vom 21.06.2023, Az. 10 C 120/22) Stellt der Versicherer jedoch Einschränkungen in der Klausel klar, so gelten diese.